Schleichen statt Spurten: Fischereiminister verschleppen Wiederaufbau der Fischbestände im Nordostatlantik

© Hans-Ulrich Roesner / WWF
© Hans-Ulrich Roesner / WWF

Hamburg - „Die Fischereiminister der Europäischen Union bekommen die Überfischung in der Nordsee nur schleichend in den Griff“, so der WWF angesichts der heute vorgelegten Fangquoten für das Jahr 2013 für Nordsee und Nordostatlantik. Zwar gab es Kürzungen für zahlreiche Fischbestände, trotzdem liegt die politische Einigung in vielen Fällen oberhalb der wissenschaftlichen Empfehlung. Für den WWF bleibt das Verhandlungsergebnis ein halbherziger  Kompromiss. „Statt entschlossen Schrittes für den Wiederaufbau der Fischbestände zu sorgen, begnügt sich der Ministerrat mit Schleichtempo“, bilanziert Karoline Schacht, Fischereiexpertin des WWF. Dem Selbstlob der Minister hält sie entgegen: „Im Nordostatlantik ist noch immer jeder zweite Bestand überfischt. Die Natur kann Bestandszuwachs nur zeitversetzt und in dem Tempo gewährleisten, wie es das politische Korsett vorgibt. Das ist aber zu eng geschnürt: Mit den Entscheidungen von heute Nacht verfehlt die Politik ihre Selbstverpflichtung, bis 2015 alle Bestände gesunden zu lassen.“

 

Der WWF teilt die Enttäuschung von EU-Kommissarin Damanaki, die für alle Bestände mit mangelhaften wissenschaftlichen Daten eine generelle Kürzung von 20 Prozent vorgeschlagen hatte. Die Minister entschieden sich jedoch für eine deutlich schmalere Verringerung um 5 Prozent. „Hier fehlt einfach der politische Mut“, kommentiert Schacht.

Die Fischereiminister setzten im Laufe ihrer Verhandlungen zudem den Mehrjahresplan zum Wiederaufbau des Nordsee-Kabeljau teilweise außer Kraft und kehren zur Retro-Politik des jährlichen Quotengeschachers zurück. Auch bei den anderen Kabeljaubeständen zeigt sich ein sehr gemischtes Bild. Im Kattegat empfahlen die Wissenschaftler beispielsweise einen Fangstopp, die Minister genehmigten dennoch einen jährlichen Fang von 100 Tonnen.

 

Der WWF bilanziert insgesamt 30 Jahre schlechtes Fischereimanagement in der Europäischen Union und macht die Fischereiminister für den schlechten Zustand der Bestände mit verantwortlich. „Europas Minister haben über Jahre systematisch die Wissenschaft ignoriert“, so Schacht weiter. „Wer die Fangquoten Jahr um Jahr höher ansetzt, als es wissenschaftlich empfohlen wird, legalisiert die Überfischung.“ Ein aktueller WWF Report zeigt, dass allein im Nordostatlantik von 2003 bis 2011 sechs Millionen Tonnen Fisch mehr gefangen worden sind, als vom Wissenschaftlichen Rat zur Erforschung der Meere (ICES) empfohlen – mit dem amtlichen Segen der Fischereiminister.

 

Ein großes Problem sei außerdem  der Rückwurf von unerwünschtem Beifang, der in den Fangquoten gar nicht enthalten sei. Rund ein Drittel des jährlichen Gesamtfangs in der Nordsee werde verschwendet und gehe als Rückwurf wieder über Bord. Rückwurfverbote gehörten laut WWF zu den zentralen Elementen einer nachhaltigen Fischereipolitik.

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