WWF zum havarierten Frachter MSC Flaminia
Armutszeugnis für europäische Schifffahrtspolitik
Hamburg - Das havarierte Containerschiff MSC Flaminia birgt offenbar ein höheres Umweltrisiko als bislang bekannt. Der WWF zeigte sich besonders besorgt wegen zwei geladenen Containern, die 40 Tonnen giftiges PCB enthielten und verbrannt sind. Bei der Verbrennung von PCB entstehen Dioxine und Furane. „Das Löschwasser wird deshalb vermutlich mit hochgiftigem Dioxin belastet sein. Damit wird das an Bord befindliche Löschwasser zu Sondermüll, der keinesfalls ins Meer auslaufen darf, sondern sicher entsorgt werden muss. Es sollte daher im Interesse aller Anrainerstaaten sein, dass dieses Schiff baldmöglichst und sicher in einen Hafen gebracht wird“, erläutert Stephan Lutter, Meeresschutzexperte des WWF. „Dioxine sind langlebige Giftstoffe, die in der Umwelt nur schwer abgebaut werden. Falls sie ins Meer gelangen, würden sie sich in der Nahrungskette anreichern.“ Den Einsatz des Havariekommandos, das die Bergung des Containerschiffs übernommen hat, begrüßt der WWF ausdrücklich. „Die deutsche Entscheidung, das Schiff aufzunehmen, ist unter den gegebenen Umständen die einzig mögliche. Allerdings sollten alle Optionen geprüft werden, das Schiff zunächst in der Nordsee auf Reede zu legen um dort gefährliche Stoffe zu abzupumpen und sicherzustellen, bevor es durch das Wattenmeer nach Wilhelmshaven geschleppt wird.“
Als skandalös dagegen werten die Umweltschützer, dass die havarierte Flaminia in Großbritannien und Frankreich keinen Nothafen erhalten hat, obwohl die Nordseeanrainerstaaten sich im sogenannten „Bonn Agreement“ zur gegenseitigen Hilfe bei Öl- und Chemieunfällen in der Nordsee verpflichtet haben. Der ursprüngliche Unfall hat sich zwar außerhalb des fraglichen Gebiets ereignet. „Trotzdem kann man nicht ignorieren, dass sich ein havariertes Schiff mit gefährlichen Chemikalien und Schweröl an Bord jetzt im Zuständigkeitsgebiet befindet, dort im Grunde festsitzt und bei Wetterverschlechterung im schlimmsten Fall auseinanderbrechen könnte“ verdeutlicht Meeresschutzexperte Lutter. Die Frage sei auch, warum die europäischen Verpflichtungen für die Vorhaltung von Nothäfen und die europäische Meeressicherheitsagentur (EMSA) in diesem Fall nicht geholfen hätten.
Der WWF fordert die internationale Schifffahrtspolitik auf, entsprechende Nothilfe auch für den Fall einer drohenden Umweltkatastrophe verbindlich vorzuschreiben. Zudem müsse die Deklarierungspflicht für die Containerschifffahrt ebenso wie die Sicherheitsmaßnahmen gegen über Bord gehenden Container verschärft werden. „Angesichts der Unmengen von Containern, die täglich um die Welt geschifft werden, müssen Bergungskommandos, das von der Ladung ausgehende Risiko korrekt einschätzen können, um Schaden von Mensch und Umwelt abzuwenden.“