Liebe Leser:innen,

Geschäftsleitung des WWF Deutschland mit Stiftungsratsvorsitzendem Valentin von Massow © Laurin Schmid / WWF
Geschäftsleitung des WWF Deutschland mit Stiftungsratsvorsitzendem Valentin von Massow © Laurin Schmid / WWF

gute Nachrichten waren schon immer selten. Doch der Eindruck drängt sich auf, dass unsere Gegenwart besonders krisengeplagt ist. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat die energie- und sicherheitspolitischen Grundpfeiler Europas erschüttert. Die daraus folgende Energiekrise und steigende Inflation verunsichern nun Wirtschaft und Verbraucher:innen in einer Weise, dass Klimaziele wie auch Umwelt- und Naturschutzstandards unter Druck geraten.

Die Doppelkrise aus Biodiversitätsverlust und Erderhitzung hat schon jetzt zu einem unwiederbringlichen Verlust an Natur und Arten geführt. Der WWF Living Planet Report 2022 stellt gar eine „fatale Wechselwirkung“ zwischen Artensterben und Klimakrise fest. Die Menschheit hat den Planeten bereits unumkehrbar verändert. Und dennoch – es gibt auch „good news“. Das Weltnaturabkommen ist da! In Montréal gab es am 19. Dezember 2022 den Durchbruch bei den Verhandlungen für ein neues globales Abkommen für den Erhalt und die nachhaltige Nutzung der weltweiten Natur.

Das vor uns liegende Jahrzehnt muss die Gesellschaft nun nutzen, um die entscheidenden strukturellen Weichenstellungen vorzunehmen. Das Zeitfenster ist klein, dessen sind wir uns bewusst, und deshalb findet diese große gesellschaftliche Herausforderung auch ihren Widerhall in unserer neuen Strategie: Neben dem Grundpfeiler unserer Arbeit, dem bewahrenden Naturschutz, der Landschaften und Ökosysteme vor unmittelbar drohender Zerstörung und Verlust sichert, wollen wir unseren Beitrag zu einem Systemwandel in Wirtschaft, Finanzsystem, Gesellschaft und Politik hin zu wirklicher Nachhaltigkeit leisten. 

Besonders erfreulich ist, dass uns trotz Pandemie und Inflation, trotz Zukunftssorgen und Energiekrise unsere Förderinnen und Förderer in beeindruckend großer Zahl die Treue gehalten haben. Dank Ihrer großzügigen Unterstützung im vergangenen Finanzjahr weltweit und in Deutschland haben wir unsere Projekte und Kampagnen erfolgreich umgesetzt. Möglich wurde das in der Zusammenarbeit mit vielen von Ihnen: mit aktiven Bürger:innen, anderen NGOs, Partnern aus Wirtschaft und öffentlichem Sektor und unseren Schwesterbüros im weltweiten Netzwerk des WWF.

Ihnen allen liegt das Wohl unseres Planeten und der Menschen am Herzen. Ihnen gilt unser tief empfundener Dank!

Mit herzlichen Grüßen

WWF-Leitung Unterschriften © WWF
WWF-Leitung Unterschriften © WWF

Inhalt

Pottwale © naturepl.com / Tony Wu / WWF
Pottwale © naturepl.com / Tony Wu / WWF

1 - Lebendige Meere

Plastik und ein Ende

„Auswirkungen der Meeresverschmutzung durch Plastikmüll und Mikroplastik auf marine Arten und Ökosysteme“. Diesen Titel trägt eine im Auftrag des WWF durchgeführte Metastudie, die 2022 enorme Wellen schlug. 700 Medien in aller Welt berichteten und sorgten dafür, dass die Forderung des WWF nach einem globalen Abkommen gegen die Plastikflut viel Aufmerksamkeit erhielt. Und noch wichtiger: Ein Vertrag ist zum Greifen nahe.

Übergabe der unterschriebenen Petition zum Stopp der Plastikverschmutzung an Präsident Espen Barth Eide © Markus Winkler / WWF
Übergabe der unterschriebenen Petition zum Stopp der Plastikverschmutzung an Präsident Espen Barth Eide © Markus Winkler / WWF

Frei von Illusionen kommentierte die Leiterin des WWF-Meeresbüros, Heike Vesper, die gewaltige Arbeit der Studie, in der 2.592 Untersuchungen ausgewertet wurden: „Die Durchdringung des Ozeans mit Plastik ist unumkehrbar. Einmal im Meer verteilt, lässt sich Kunststoffmüll kaum zurückholen. Er zerfällt stetig, sodass die Konzentration von Mikro- und Nanoplastik noch jahrzehntelang ansteigen wird.“ Also darf es zur Verschmutzung der Meere erst gar nicht kommen.

Mit dieser Botschaft fuhr der WWF zur Umweltversammlung der Vereinten Nationen UNEA 5.2 nach Nairobi. Mit im Gepäck hatte er die Ergebnisse einer globalen Petition, die weltweit über 2,2 Millionen Menschen unterschrieben hatten. Der Aufruf erreichte die Politik. Bis Ende 2024 soll ein weltweit verbindlicher Vertrag erarbeitet werden, der mit der Plastikverschmutzung Schluss macht.

„Alle Energie hat der WWF dafür aufgewendet, dass ein internationales Abkommen gegen die Plastikflut in Sichtweite kommt. Jetzt, nach diesem Zwischenziel, müssen wir den Marathon zu Ende bringen.“

Dr. Bernhard Bauske, Projektkoordinator Meeresmüll WWF Deutschland

Caretaker Tsatryan beim Aufbau eines Elektrozauns © WWF Armenien / Vasil Ananian
Caretaker Tsatryan beim Aufbau eines Elektrozauns © WWF Armenien / Vasil Ananian

2 - Schutz natürlicher Ökosysteme

Einfach unentbehrlich

Sie kennen die Natur ihrer Heimat und die Natur der Menschen, in deren Mitte sie leben: die vielen lokalen Helfer:innen des WWF. Ohne deren Unterstützung wäre Naturschutzarbeit in den Projektgebieten nicht möglich. Drei Beispiele aus dem Feld.

Mongolei
Freiwilliger Ranger Bayart Sukhbaatar © WWF Mongolei
Freiwilliger Ranger Bayart Sukhbaatar © WWF Mongolei

Nur 110 staatliche Ranger:innen kontrollieren die weitläufigen, schwer zugänglichen Gebirgsregionen des Altai-Sajan im Westen des Landes. Viel zu wenige. Staatlicher Naturschutz und WWF nehmen deshalb die zusätzliche Unterstützung von fast 130 freiwilligen Ranger:innen in Anspruch. Sie kommen aus lokalen Hirtenfamilien, kontrollieren die Bestände von Wildtieren, legen Winterfutter aus und schlagen Alarm, wenn es in ihrer Nachbarschaft zu Konflikten mit Schneeleoparden kommt. Bayart ist einer der jungen Ranger. Über seine Heimat und seine Mitmenschen spricht er auf fast zärtliche Weise. Sich selbst sieht Bayart als Teil einer Gemeinschaft, die seit Generationen in diesem Gebirge lebt. Und als Teil dieser Natur, die es zu schützen gilt.

KAZA, Afrika
Gemeindewildhüter:innen in KAZA, Afrika © IRDNC Namibia
Gemeindewildhüter:innen in KAZA, Afrika © IRDNC Namibia

Im südlichen Afrika erstreckt sich das zweitgrößte Land-Schutzgebietsnetzwerk der Erde über eine Fläche, die größer ist als Deutschland und Österreich zusammen: KAZA. Hier ist das Zuhause der letzten großen Löwenbestände und der größten Population Afrikanischer Elefanten. Wo die Dickhäuter sind, sind Wilderer nicht weit. In Namibia, Sambia und Simbabwe helfen Community-Scouts bei Wildereibekämpfung und Ressourcen-Monitoring. Trotz Zusammenarbeit mit den staatlichen Ranger:innen sind das riskante Jobs. Aus Projektmitteln des WWF Deutschland finanziert, erhalten die mutigen Frauen und Männer Trainings, Ausrüstung, GPS-Geräte, Zelte und monatliche Aufwandsentschädigungen.

Amur-Region, Russland
Ehrenamtliche Umweltaufseher bei der Arbeit © Alexander Khitrov / WWF Russland
Ehrenamtliche Umweltaufseher bei der Arbeit © Alexander Khitrov / WWF Russland

Über 200 Freiwillige hat der WWF in den vergangenen drei Jahren im Amur-Gebiet als kommunale, ehrenamtliche Waldhüter:innen ausgebildet. Sie unterstützen die regionalen Naturschutz- und Forstbehörden, spüren illegalen Holzeinschlag auf und lassen Fischwilderer und Goldschürfer auffliegen. Ihre Motivation, den Wald zu schützen, ist hoch. Denn sie nutzen ihn selbst – als Mitglieder von Genossenschaften zur Bienenzucht, für Jagd und Fischerei. Ihr Einsatz lohnt. 2021 wurden mit ihrer Hilfe 20 Fälle von illegalen Holzeinschlägen aufgedeckt und 4.500 Kubikmeter gestohlenes Holz konfisziert.

Gewinner und Verlierer 2022 – Bengal Tiger (Panthera tigris) © IMAGO / Nature Picture Library
Gewinner und Verlierer 2022 – Bengal Tiger (Panthera tigris) © IMAGO / Nature Picture Library

3 - Schutz der Wildtiere

Ein Ja zum Tiger

„Jahr des Tigers“ stand 2022 über dem chinesischen Kalender. Wie schon im Jahr 2010. Damals machte der WWF auf die Bedrohung der Großkatze aufmerksam. Von den geschrumpften Tigerbeständen alarmiert, kam es zum Gipfeltreffen: Regierungsmitglieder aus den 13 Tiger-Verbreitungsländern und Vertreter:innen von Naturschutzorganisationen verständigten sie sich auf ein visionäres Ziel: die Anzahl dieser Tiere in freier Wildbahn bis zum nächsten Jahr des Tigers zu verdoppeln. Zeit für eine Zwischenbilanz.

Ausmessen eines Tiger-Pfotenabdrucks © Simon Rawles / WWF UK
Ausmessen eines Tiger-Pfotenabdrucks © Simon Rawles / WWF UK

Die gute Nachricht zuerst. Es gibt deutlich mehr Tiger als vor zwölf Jahren! Gleichwohl: Die geplante Verdopplung des Bestands wurde verfehlt. 2010 schätzten Fachleute die Gesamtzahl der in Freiheit lebenden Tiger auf noch etwa 3.200 Tiere. 2022 ging die Weltnaturschutzunion IUCN in ihrer Rote-Liste-Analyse von einem Gesamtbestand aus, der auf rund 4.500 Tiere gewachsen ist. Die Bilanz lehrt, was für den gesamten Artenschutz gilt: Abwärts geht es schneller als aufwärts. Es ist ungleich schwerer, Bestände wieder aufzubauen als deren Verluste abzuwenden. So bleibt es bei der „starken Gefährdung“ der Art.

Aber erstmals seit vielen Jahrzehnten hat sich der Abwärtstrend gewendet. Die Fortschritte sind fragil und in den asiatischen Tiger-Regionen sehr unterschiedlich. Wilderei, Lebensraumverlust und schrumpfende Bestände seiner Beutetiere bleiben die ausschlaggebenden Faktoren, die den Tiger bedrohen. Er lebt heute auf weniger als fünf Prozent seines historischen Verbreitungsgebiets. Seine Populationen sind zersplittert und isoliert.

„Trotz aller Lichtblicke beim Tigerschutz sind wir noch lange nicht am Ziel. Jetzt heißt es: Erfolge sichern, anhaltende negative Trends umkehren!“

Katjuscha Dörfel, Referentin Südasien WWF Deutschland

Drohne zur Überwachung von Tigern und Nashörnern im Bardia-Nationalpark © Gary van Wyk / The Ginkgo Agency / Whiskas / WWF UK
Drohne zur Überwachung von Tigern und Nashörnern im Bardia-Nationalpark © Gary van Wyk / The Ginkgo Agency / Whiskas / WWF UK

In Kambodscha, Laos und Vietnam ist die Art inzwischen ausgestorben. Südostasien bleibt die Hotspot-Region für die Wilderei mit Schlingfallen, die der Großkatze und ihren Beutetieren zusetzen. Doch: Es gibt auch Fortschritte, die Hoffnung machen. Vorreiter beim Tigerschutz waren in den vergangenen Jahren vor allem Nepal, Indien, Bhutan, Russland und China. So verschieden diese Länder in sozialer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht sind – beim erfolgreichen Tierschutz zeigen sie Gemeinsamkeiten. Da ist vor allem deren politischer Wille, Schutzmaßnahmen zu finanzieren.

Eine besondere Erfolgsgeschichte hat Nepal geschrieben. Das Land, das zu den ärmsten Nationen der Erde zählt, hat die Zahl der Tiger in den vergangenen 13 Jahren von 120 Tieren auf 355 fast verdreifacht! Ausschlaggebend für den Erfolg war die aktive Bekämpfung der Wilderei, des illegalen Artenhandels und der von Mensch-Tiger-Konflikten. All das wurde vom WWF mit seinem Know-how, Sachmitteln und Trainings unterstützt.

Erlenbruchwald im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin © imago / blickwinkel
Erlenbruchwald im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin © imago / blickwinkel

4 - Biologische Vielfalt in Deutschland

Das Naturerbe in Deutschland bewahren

Fast nirgendwo in Europa ist die biologische Vielfalt so gefährdet wie in Deutschland. 30 Prozent aller Arten und 80 Prozent unserer Lebensräume sind bedroht. Verantwortlich dafür ist vor allem die intensive Land- und Forstwirtschaft, aber auch die dichte, ausufernde Besiedlung und ein Straßennetz, das die Landschaften zerschneidet. Effektiver Naturschutz aber braucht Flächen, auf denen sich Natur entfalten kann.

Fischadlerhorst mit Jungvogel © imago / blickwinkel
Fischadlerhorst mit Jungvogel © imago / blickwinkel

Schon vor über 50 Jahren hat der WWF deshalb damit begonnen, ökologisch wertvolle Flächen in Deutschland zu erwerben, zu entwickeln und langfristig zu erhalten. Mittlerweile hat der WWF fast 38.000 Hektar Naturschutzflächen in seine Obhut genommen. 4.500 Hektar betreut der WWF als Naturschätze in seinem Eigentum, die übrigen Flächen zusammen mit Partnern, vor allem Wälder, Moore, Auen, Feuchtgebiete und Seen.

Naturschutzflächen im Eigentum bzw. unter Mitbetreuung des WWF Deutschland © WWF
Naturschutzflächen im Eigentum bzw. unter Mitbetreuung des WWF Deutschland © WWF

Damit wollen wir zeigen, wie Naturschutz in der Fläche funktionieren kann, und mit guten Beispielen vorangehen. Die Hauptaufgabe unserer Arbeit in Deutschland sehen wir darin, „Urwälder von morgen“ zu schaffen. Dafür nehmen wir Wälder aus der Bewirtschaftung heraus. Denn die natürlichen Alters- und Zerfallsphasen sind wichtig für die Biodiversität.

Eine Million Hektar neue Wildnis ist das erklärte Ziel des WWF für Deutschland. Für dieses Vorhaben trommeln wir – auch um finanzielle Unterstützung, damit wir weitere Flächen mithilfe unseres Flächenfonds erwerben, womöglich zu eigenen hinzu erwerben können. Es sind gerade die großen zusammenhängenden Naturschutzflächen, auf denen biologische Prozesse ungestörter verlaufen und wo gefährdete Arten eine größere Überlebenschance haben.

Das ist die Aufgabe

Erwerb ökologisch wertvoller Flächen in Deutschland, die weder bewirtschaftet, bebaut noch auf andere Weise genutzt werden, damit sich natürliche Prozesse entfalten können.

Das ist bereits gelungen:

  • Schaffung von 13.600 Hektar Wildnisgebieten im Süden Brandenburgs mit der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg
  • Schutz von über 8.700 Hektar Naturschutzflächen mit dem Förderverein Feldberg Uckermärkische Seen
  • Betreuung von über 4.800 Hektar Naturschutzflächen im Vogelparadies Schaalsee-Landschaft
  • Betreuung von über 4.650 Hektar wertvoller Feuchtgebiete im Drömling mit dem Zweckverband Drömling
  • Schutz von über 1.500 Hektar Auenwald- und Offenlandflächen an der Mittleren Elbe
  • Sicherung von 400 Hektar Buchenwald in Nordwest-Brandenburg
  • Entwicklung eines WWF-Flächenfonds, um kurzfristig verfügbare wertvolle Flächen schnell sichern zu können
Mitglieder der indigenen Gemeinschaft La Chorrera auf dem Weg zur Bewertung der Ökosystemleistung des Waldes © Luis Barreto / WWF UK
Mitglieder der indigenen Gemeinschaft La Chorrera auf dem Weg zur Bewertung der Ökosystemleistung des Waldes © Luis Barreto / WWF UK

5 - Naturschutz und Menschenrechte

Viele der wichtigsten ökologischen Hotspots liegen in den ärmsten, von menschenrechtlichen Fragen besonders betroffenen Regionen der Erde. Da nachhaltige Lösungen vor Ort nur mit lokalem Wissen und Engagement herbeigeführt werden können, arbeitet der WWF stets mit lokalen Partnern zusammen. Wie in den vergangenen Jahren war auch 2021/2022 die Rechtsstaatlichkeit in fast allen Schwerpunktregionen des WWF Deutschland herausfordernd.

2021/2022 wurden dem WWF Deutschland zwei Hinweise auf potenzielle Menschenrechtsverletzungen in von uns geförderten Projekten beziehungsweise Kooperationen gemeldet.

Hinweis 1

In einem Projekt mit einem Unternehmenspartner in Ecuador erreichten uns Hinweise zu möglichen Verletzungen von Arbeitsstandards sowie Gefährdungen beim Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln. Wir haben diese Anhaltspunkte im Detail analysiert. Dabei konnten wir die Verletzung von Arbeitsstandards nicht bestätigen. Im Rahmen des regulären Projektmonitorings fiel allerdings auf, dass dem Partner in einzelnen Fällen tatsächlich Fehler in der Ausbringung von Pestiziden unterlaufen sind. Wir haben die Erkenntnisse aus dem Monitoring genutzt, um zusammen mit dem Unternehmenspartner Maßnahmen zu erarbeiten, die das Ziel haben, die Menschenrechtsstandards vor Ort weiter zu verbessern und zukünftige Gefährdungen zu vermeiden. Die erfolgreiche Umsetzung der erarbeiteten Korrekturmaßnahmen wurde bereits von unserem Monitoringteam verifiziert.

Hinweis 2

In einem Projekt in der Demokratischen Republik Kongo erreichten uns über den von einer lokalen Nichtregierungsorganisation betriebenen Beschwerdemechanismus Hinweise auf mögliche Menschenrechtsverletzungen. Im Verdacht stehen keine Mitarbeiter:innen des WWF, sondern staatliche Angestellte eines vom WWF unterstützten Schutzgebietes. Diesen Hinweisen wird nun gemeinsam mit den lokalen staatlichen und nichtstaatlichen Partnern nachgegangen.

Patrouille aus Angst vor Elefanten, die die Ernte zertrampeln © James Morgan / WWF US
Patrouille aus Angst vor Elefanten, die die Ernte zertrampeln © James Morgan / WWF US

Der WWF Deutschland orientiert sich in der Analyse seiner menschenrechtlich relevanten Prozesse an den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen sowie dem Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte. Letzterer definiert menschenrechtliche Sorgfaltspflicht anhand von fünf Kernelementen:

  • Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte
  • Verfahren zur Ermittlung tatsächlicher und potenziell nachteiliger Auswirkungen auf die Menschenrechte
  • Maßnahmen zur Abwendung potenziell negativer Auswirkungen und Überprüfung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen
  • Berichterstattung
  • Beschwerdemechanismus

Auf Basis dieser Kernelemente hat der WWF Deutschland 2021/2022 weiter an der Verbesserung seiner menschenrechtlich relevanten Prozesse gewirkt. Wir sehen in der Integration von Naturschutz und Menschenrechten die Zukunft unserer Arbeit.

Flamingo-See, Kenia © Michael Poliza / WWF
Flamingo-See, Kenia © Michael Poliza / WWF

6 - Nachhaltiges Wirtschaften

Unternehmens- und Märktearbeit

Ein stabiles Klima und eine gesunde Umwelt bilden das Fundament für eine sichere Zukunft. Mehr denn je müssen wir unser wirtschaftliches Tun mit den Belastungsgrenzen unseres Planeten in Einklang bringen. Darüber, was wir zusammen mit Unternehmen und Finanzakteuren im Geschäftsjahr 2021/2022 erreichen konnten, berichten wir im Beileger „Nachhaltiges Wirtschaften“.

Wir zeigen anhand von Beispielen, wie wir gemeinsam Wertschöpfungs- und Lieferketten verändern, Nachhaltigkeit in die Breite der Gesellschaft und die Reihen der Politik tragen und Natur wirksam schützen. Wir stellen zudem das One Planet Business Framework und unser neues Beratungsangebot für Unternehmen vor. Das vom WWF entwickelte Rahmenwerk betrachtet Nachhaltigkeit ganzheitlich unter öko-sozialen Gesichtspunkten, orientiert sich an neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und definiert ausgehend vom Konzept der planetaren Grenzen und unter Berücksichtigung internationaler Zielvereinbarungen, was unternehmerische Nachhaltigkeit bedeutet.

Überflutete Häuser in der Eifel © imago images / future image
Überflutete Häuser in der Eifel © imago images / future image

7 - Effektiver Klimaschutz

Klimaschutz in der Zeitenwende

Der russische Angriff auf die Ukraine hat die energie- und sicherheitspolitischen Grundpfeiler Europas erschüttert. Schlagartig wurde deutlich, wie abhängig sich Deutschland von Kohle, Öl und Gas aus Russland gemacht hat. Zugleich meldeten, wie in den Jahren zuvor, viele Landstriche im Sommer Hitzerekorde, die Pegel der Flüsse fielen auf neue Tiefststände. Klima- und Energiekrise trafen aufeinander, weshalb es dieses Jahr mehr denn je galt, die nachhaltige Transformation zu beschleunigen.

NordStream2-Gasleck © imago/TT/Danska Forsvaret/GASLÄCKA NORDSTREAM
NordStream2-Gasleck © imago/TT/Danska Forsvaret/GASLÄCKA NORDSTREAM

Wenige Tage nach Kriegsbeginn wandte sich der WWF mit einem Maßnahmenpaket an die politischen Entscheidungsträger:innen. Es forderte die schnellere Umsetzung der Energiewende und betonte die Notwendigkeit gezielter Entlastung besonders betroffener Menschen. Zunächst jedoch setzte die Bundesregierung auf das Prinzip Gießkanne: teure und sozial unausgewogen gestaltete Einzelmaßnahmen mit mäßiger Entlastungswirkung. Eine Klimaprämie blieb die Ampel-Koalition allerdings schuldig, obwohl es dringend eines solchen Instruments zur dauerhaften und fairen Rückverteilung finanzieller Mittel jenseits pauschaler Rabatte bedurft hätte. Dass eine Klimaprämie umsetzbar ist, hatte eine WWF-Studie schon Anfang 2022 gezeigt.

„Die Antwort auf die Energie und Klimakrise ist ein entschlossener Ausbau der Wind und Solarenergie. Zusätzliche Investitionen rechnen sich hier doppelt: Sie wirken preisdämpfend und mindern schädliche Emissionen.“

Felix Schmidt, Policy Advisor Climate & Energy WWF Deutschland

G7 Demo in München im Juni 2022 © Wolfgang Maria Weber / WWF
G7 Demo in München im Juni 2022 © Wolfgang Maria Weber / WWF

In Deutschland hat die Bundesregierung mit den Oster- und Sommerpaketen umfangreiche Maßnahmen zur Energiewende auf den Weg gebracht. Dennoch wurden keine zusätzlichen Investitionsmittel zur Entfesselung der inflationsdämpfenden Erneuerbaren bereitgestellt. Der Ausbau von Windenergie und Fotovoltaik blieb weiter stecken. Der globale Abschied von fossilen Energien braucht deutlich mehr Tempo. Darauf machten die Wissenschaftler:innen des Weltklimarates in ihrem diesjährigen IPCC-Bericht abermals aufmerksam.

Demnach sind ein globaler ökonomischer Strukturwandel und ambitioniertere Klimaziele notwendig, um die desaströsen Folgen der Erderhitzung abzumildern. Wie ein vollständig erneuerbares Energiesystem künftig aussehen kann, stellte der WWF beim Event „Systemvision 2050“ vor. In dieser Zukunftsschau sieht er, in Übereinstimmung mit dem IPCC-Bericht, das größte Potenzial insbesondere bei der Solar- und Windenergie. Genug Investitionsmittel für zukunftsgerichtete Maßnahmen könnten bereitstehen – etwa durch den Umbau der 65 Milliarden Euro, die jährlich in klima- und umweltschädliche Subventionen fließen.

Kleinbäuerin Magdalena Vargas bei Kakao-Ernte © Gabriel Vanerio / WWF Ecuador
Kleinbäuerin Magdalena Vargas bei Kakao-Ernte © Gabriel Vanerio / WWF Ecuador

8 - Nachhaltige Landwirtschaft und Lebensstile

Süßes aus dem Regenwald

Tief im Dschungel Ecuadors hat Kakao seinen Ursprung. Dort wird er heute noch so angebaut wie vor Hunderten von Jahren. In einem System, das sich Chakra nennt und die indigene Weltanschauung eines Lebens im Einklang mit dem Wald von Generation zu Generation weiterträgt. Mit einem „Kakao-Projekt“ will der WWF zeigen, dass Genuss und Nachhaltigkeit kein Widerspruch sind.

Edelkakao aus Ecador © Gabriel Vanerio / WWF Ecuador
Edelkakao aus Ecador © Gabriel Vanerio / WWF Ecuador

In den Chakras wachsen bis zu 100 Pflanzen auf kleinen Flächen mitten im Regenwald des Amazonas: Kakao, Kaffee, Yucca, medizinische Kräuter. Zusammen bilden die Pflanzen kleine Familien. Sie passen aufeinander auf, geben sich Nährstoffe, spenden einander Schatten, was Pestizide überflüssig macht. Kakaobohnen, die so umweltverträglich heranwachsen, verdienen einen Platz in deutschen Supermärkten.

An diesem Ziel arbeitet der WWF mit drei indigenen Kakaokooperativen und Erzeugern zusammen. Sie suchen nach Abnehmern, die den Kakao oder die fertige Schokolade in ihr Sortiment aufnehmen möchten. Ein erster Erfolg macht Mut. Der ecuadorianische Schokoladenhersteller Paccari hat sich der Partnerschaft angeschlossen und sich verpflichtet, Kakaobohnen des Projekts zu einer „WWF-Schokolade“ zu verarbeiten.

„Kakao ist ein Treiber von Entwaldung in den Tropen. Wir brauchen deshalb nachhaltige Anbaumethoden, die den Schutz der Wälder und Artenvielfalt in den Vordergrund stellen.“

Michelle Neuhaus, Projektmanagerin Südamerika WWF Deutschland

Dabei bleibt von der Ernte bis zur Tafel die komplette Herstellung in Ecuador. Das nutzt dem Hersteller und nicht wie üblich den europäischen Unternehmen. Zudem unterstützt der WWF Ecuador die Entwicklung und Einführung einer landesweiten Zertifizierung für „nachhaltige und entwaldungsfreie Produktion“. Das Projekt beweist: Im Dreiklang mit Politik, Wirtschaft und indigenen Gemeinschaften können wir nachhaltige Veränderungen in Gang setzen.

Das ist der Auftrag

Aufgabe Aufbau einer entwaldungsfreien Lieferkette für Kakao und/oder Schokolade zwischen Ecuador und Deutschland
Projektlaufzeit 07/2021–06/2023
Finanzvolumen 1,4 Millionen Euro
Mittelgeber GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)
Projektpartner WWF Ecuador

 

Das sind unsere Ziele

  • Herstellung einer entwaldungsfreien Kakao- oder Schokoladen-Lieferkette
  • Förderung von Kakaokooperativen, Erzeuger:innen und nachhaltigeren Anbauweisen in Ecuador
  • Pilotierung eines nationalen Systems zu entwaldungsfreien Lieferketten in Ecuador zusammen mit den teilnehmenden Kooperativen
Flamingo-Schwarm © imago images / Nature Picture Library
Flamingo-Schwarm © imago images / Nature Picture Library

Der WWF in Zahlen

Trotz erschwerter Bedingungen durch die fortwirkende Corona-Pandemie und Belastungen aufgrund der steigenden Inflation infolge des Krieges in der Ukraine ist es dem WWF Deutschland gelungen, seine Einnahmen erneut zu steigern. Im Finanzjahr
2021/2022 konnten insgesamt 115,2 Millionen Euro (Vorjahr 113,3 Millionen Euro) eingenommen werden.

Damit sind die Voraussetzungen weiter gegeben, die Natur und Umwelt in vielen Teilen der Erde zu bewahren, die politischen Rahmenbedingungen für deren Schutz zu verbessern und die Transformation der Wirtschaft voranzubringen.

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Die WWF Jahresberichte der letzten Jahre

  • Junger Zitronenhai (Negaprion brevirostris) in den Mangroven Bahamas © Shane Gross / Nature Picture Library WWF-Jahresbericht 2020/2021 – WWF Deutschland

    Der Jahresbericht 2020/2021 gibt Auskunft über die Arbeit des WWF Deutschland und eine Einschätzung zum Zustand der Natur. Weiterlesen...

  • Vor den Bränden geretteter Koala in Queensland, Australien © Doug Gimesy / naturepl.com WWF-Jahresbericht 2019/2020 – WWF Deutschland

    Der Jahresbericht 2019/2020 gibt Auskunft über die Arbeit des WWF Deutschland und eine Einschätzung zum Zustand der Natur. Weiterlesen...

  • WWF-Jahresbericht 2018/2019 – WWF Deutschland

    Der Jahresbericht 2018/2019 gibt Auskunft über die Arbeit des WWF Deutschland und eine Einschätzung zum Zustand der Natur. Weiterlesen...