Mitten in Borneo, im Osten der indonesischen Provinz Westkalimantan, liegt Kalis Suruk. In dem ökologisch äußerst wertvollen Gebiet leben Nashornvögel, Schuppentiere und vermutlich auch die stark gefährdeten Orang-Utans. Die dichten Wälder sind wichtige Wasserspeicher, speisen mit dem Kapuas, den längsten Fluss Indonesiens, und sichern so das Überleben und Einkommen von über 1,5 Millionen Menschen. Doch die Armutsrate in Kalis Suruk ist hoch.
Es gibt Grund zur Hoffnung für die Wälder, die Orang-Utans und die unentbehrliche Artenvielfalt auf Borneo. Jahrzehntelang kannte die Entwaldung auf der drittgrößten Insel der Welt kaum Grenzen. Heute ziehen viele Gemeinden, Unternehmen und staatliche Stellen an einem Strang, um Mensch und Natur zu schützen. Doch Voraussetzung dafür sind bessere Lebensbedingungen.
Kalis Suruk: Not im Herzen der Natur
Armut frisst Wald
Die indigenen Gemeinden in Kalis Suruk sind in hohem Maße abhängig von Wald und Natur. Sie betreiben traditionelle Landwirtschaft, deren Produktivität gering ist und die Anfälligkeit für Auswirkungen des Klimawandels hoch.
Der Mangel an Nahrungsmitteln und Einkommensmöglichkeiten zwingt die Familien dazu, die Natur übermäßig zu beanspruchen und immer mehr Wald für ihre Felder zu roden.
Wie es anders geht: Die grünen Dörfer des WWF
Kalis Suruk gehört zum Regierungsbezirk Kapuas Hulu, der sich über den Nordosten Westkalimantans erstreckt. Hier hat der WWF – nicht weit von Kalis Suruk entfernt - in den vergangenen Jahren verschiedene Dörfer erfolgreich darin unterstützt, ihren Lebensunterhalt langfristig nachhaltig zu erwirtschaften und damit überhaupt die Chance zu haben, die Natur zu schonen. Die Dörfer sind heute Modellbeispiele dafür, wie gute Lebensbedingungen und Umweltschutz Hand in Hand gehen können.
Der schwierige Weg zur gemeinsamen Lösung
Die Planung für ihre nachhaltige Entwicklung lag dabei – beraten vom WWF – in den Händen der Gemeinden und berücksichtigt sowohl ihre Belange, als auch die von Wildtieren und Natur.
So wurden traditionelle Wälder und Heilige Stätten ebenso unter Schutz gestellt, wie Wassereinzugsregionen und sogenannte „Essenzielle Dorfgebiete“. In letzteren können die Gemeindemitglieder zum Beispiel nachhaltig Waldprodukte ernten und Gewässer als Fischgründe nutzen.
Die Karten wurden von allen Anrainergemeinden unterschrieben und akzeptiert. „Das war kein leichtes Unterfangen“, erzählt Susanne Gotthardt, Asien-Referentin beim WWF Deutschland. „Erst mussten lange schwelende Grenzkonflikte zwischen den Dörfern gelöst werden - quasi ein positives Nebenprodukt des Projektes.“
Fisch-Chips und Illipenuss-Butter: Wie verdient man sein Geld mit grünen Geschäftsmodellen?
Die existierenden Wälder zu schützen ist das eine. Genug Einkommen zu erzielen das andere. Deshalb hat das Projekt in den beteiligten Gemeinden den Aufbau „grüner“ Geschäftsmodelle gefördert. Als besonders erfolgreich erwiesen sich verschiedene Fischereiprodukte und die Verarbeitung von Illipe-Nüssen.
Aus den im Wald gesammelten Nüssen lässt sich ein festes, butterähnliches Öl gewinnen und die beteiligten Gemeindemitglieder verfügen inzwischen über Kenntnisse und Erfahrungen in der Herstellung, Verpackung und Vermarktung von Seife, Lippenstift und Schokolade.
Fischereiprodukte aus der Region sind zum Beispiel Räucherfisch, Fisch-Chips, Gewürzfisch oder frittierte Fischbällchen. Sie konnten nicht nur erfolgreich am Markt etabliert, sondern mit einer Gesundheits- und Halal-Zertifizierung auch die Grundlage für höhere Preise gelegt werden. Die Produkte werden bis in die Hauptstadt Jakarta vermarktet.
Mit Geschäftsplänen, Wanderwegen, Schutzhütten, Werbematerialien und ausgebildetem Personal wurde außerdem der Grundstein für einen nachhaltigen, nationalen Tourismus gelegt, der in der beeindruckenden Naturregion großes Potential hat.
Die Wirkung vergrößern
Die erfolgreichen Ansätze der grünen Modell-Dörfer auf weitere Gemeinden auszudehnen, war von Beginn an erklärtes Ziel des WWF-Projekts. „Wir haben immer eng mit den zuständigen Distriktbehörden zusammengearbeitet, damit diese das Konzept großflächig verbreiten“, so Susanne Gotthardt vom WWF.
„Wir haben den Austausch mit anderen Dörfern gefördert und ein Buch über die gewonnenen Erkenntnisse veröffentlicht, um das Wissen weiterzugeben.“
Grüne Dörfer auch in Kalis Suruk
Auch in der ökologisch bedeutenden Region Kalis Suruk sollen und können die grünen Dörfer den Menschen einen Ausweg aus der Not bieten und die gefährliche Spirale einer immer größeren Zerstörung der Natur beenden. Fünf Gemeinden wird der WWF in den kommenden Jahren in ihrer Entwicklung unterstützen und ihnen den Zugang zu nachhaltigen Einkommen ermöglichen.
Hilfe für Menschen und Natur
Die Bewohner:innen Kalis Suruks brauchen Fortbildungen in besseren, klimagerechten Anbaumethoden. Marktfähige, nachhaltige Produkte der Region müssen ermittelt und gemeinsam Pläne für eine umweltschonende Waldbewirtschaftung erstellt werden. Diese soll auf dem lokalen Wissen und der Kultur der Menschen aufbauen durch neue Pflanzungen auch die Wiederherstellung des Waldes einschließen.
Wie in den bereits bestehenden grünen Modelldörfern, fördert der WWF den Austausch, gegenseitiges Lernen und die Weitergabe von Wissen und bezieht die Distriktverwaltungen eng mit ein.
Die grünen Dörfer sollen in Kalis Suruk genau wie in anderen Regionen Borneos nicht nur über den Projektzeitraum hinaus erfolgreich bestehen, sondern sich immer weiter verbreiten und Menschen und Natur eine bessere Zukunft sichern.
- Borneo und Sumatra