Die Klimakrise und ihre Auswirkungen sind bereits jetzt deutlich spürbar. Um die Erderhitzung zu begrenzen, müssen wir unseren CO2-Ausstoß in den nächsten Jahren drastisch reduzieren. Das ist in Deutschland sogar gesetzlich festgelegt: Bis 2045 müssen wir Treibhausgasneutralität erreichen.
Die Grundregel lautet: Erst vermeiden und reduzieren, dann kompensieren. Doch woran erkennt man vertrauenswürdige Projekte – und wann handelt es sich um reines Greenwashing?
Die gute Nachricht ist: Häufig gibt es Alternativen zu emissionsintensiven Aktivitäten und diese zu nutzen, sollte das oberste Ziel sein. Erst wenn es keine andere Möglichkeit gibt, kommt die Kompensation ins Spiel.
Global gesehen trägt die Kompensation kaum zu den Zielen des Pariser Abkommens bei, da es hier darum geht, die Emissionen drastisch zu vermeiden und zu reduzieren und nicht bloß zu kompensieren.
Was versteht man unter Kompensation?
Für das Klima spielt es keine Rolle, an welcher Stelle auf unserer Erde Emissionen ausgestoßen, vermieden oder ausgeglichen werden. Die Idee der CO2-Kompensation ist, dass man den Emissionsausstoß, beispielsweise einer Flugreise von Europa nach Nordamerika, die 1,5 Tonnen CO2 erzeugt, mit einem Projekt in Vietnam, oder Marokko kompensieren kann.
Wie funktioniert die Kompensation von CO2?
Institutionen, Unternehmen oder auch Privatpersonen kaufen sogenannte Emissionsminderungsgutschriften, auch Zertifikate genannt, in Höhe des von ihnen verursachten Treibhausgasausstoßes.
Mit dem für die Zertifikate eingenommenen Geld werden Klimaschutzprojekte finanziert, die die entsprechende Menge an CO2-Emissionen ausgleichen.
Wie wird der verursachte CO2-Ausstoß berechnet?
Viele Fluggesellschaften haben inzwischen einen Emissionsrechner in ihre Webseiten integriert, der es ermöglichen soll, direkt bei der Buchung seinen CO2-Fußabdruck zu neutralisieren. Auf den ersten Blick ist das löblich. Entscheidend ist jedoch, dass ein realistischer Wert ermittelt wird.
Bei Flugzeugen beispielsweise ist die schädliche Klimawirkung der Emissionen mindestens dreimal so hoch wie die Menge der unmittelbar ausgestoßenen CO2-Emissionen, da die Verbrennung in etwa zehn Kilometer Höhe erfolgt und Wolkenbildung die Klimawirkung verstärkt. Der WWF empfiehlt daher die Nutzung unabhängiger CO2-Rechner wie etwa den des Umweltbundesamtes, die solche Effekte mit einbeziehen.
Wann ist Kompensation sinnvoll?
Es scheint so einfach: Ich buche einen Flug, zahle einen Obolus extra und schon ist das Klima gerettet und mein Gewissen beruhigt. So funktioniert das natürlich nicht! Die Faustregel lautet: Zuerst sollte man CO2-Emissionen soweit möglich vermeiden oder zumindest reduzieren. Nur wenn beides nicht möglich ist, kommt der Ausgleich durch Kompensation infrage.
So ist es beispielsweise möglich, einen Kurz- oder Mittelstreckenflug durch eine Bahnfahrt zu ersetzen. Das gleiche gilt auch für Fahrten mit Autos, die einen Verbrennermotor besitzen: Die Strecken könnten genauso mit einem E-Auto, dem Zug oder bei Kurzstrecken sogar mit dem Fahrrad zurück gelegt werden.
Nur wenn es tatsächlich keine (realistische) Alternative gibt – zum Beispiel bei einem Langstreckenflug über den Atlantik – ist CO2-Kompensation eine Möglichkeit, die klimaschädliche Wirkung der Aktivität auszugleichen.
Bäume pflanzen ist die beste Form der Kompensation – oder?
Klimaschutzprojekte, die Bäume pflanzen, sind die wohl bekannteste Kompensationsmöglichkeit. Logo: Bäume wandeln CO2 in Sauerstoff um und binden den dabei frei werdenden Kohlenstoff. Da erscheint es naheliegend, Emissionen auf diese Weise auszugleichen und dabei unseren Planeten um einen neuen Wald zu bereichern.
Ganz so einfach ist es jedoch auch hier nicht, denn die gepflanzten Bäume brauchen sehr lange, bis sie groß sind und eine tatsächliche Klimawirkung entfalten. Und ein Baum kann absterben oder Schäden etwa durch Dürre, Überschwemmung oder einen Waldbrand erleiden. Mehr zum Thema Baumpflanzung und den damit verbundenen Herausforderungen erfahren Sie hier.
Fossile Emissionen, die wir verursachen, verbleiben bis zu 1.000 Jahre in der Atmosphäre. Entsprechend sollten auch die Ausgleichsprojekte auf Langfristigkeit ausgerichtet sein. Der WWF empfiehlt daher, keine Baum- oder Landnutzungsprojekte zu Kompensationszwecken zu nutzen.
Klimaschutzprojekte müssen zusätzlich sein und dürfen zur Kompensation nur einmal angerechnet werden
Das wichtigste Kriterium bei einem Kompensationsprojekt ist die Zusätzlichkeit: Das Klimaschutzprojekt soll erst durch die Finanzierung, die durch die Kompensation entsteht, ermöglicht werden. Initiativen, die bereits profitabel sind und auch ohne den Verkauf von Kompensationszertifikaten stattfinden würden, erfüllen dieses Kriterium nicht.
Ganz anders die Kompensationszahlung, die einer Region die Nutzung einer grünen Technologie ermöglicht, zu der sie sonst keinen Zugang gehabt hätte: Dieses Projekt ist nicht nur zusätzlich, sondern im Idealfall auch noch höchst nachhaltig und dauerhaft positiv für das Klima. Allerdings ist die Erfüllung dieses Kriterium ganz schwer zu beweisen und hat die Umweltintegrität zahlreicher Projekte gekostet.
Eine weitere Anforderung ist, dass Emissionssenkungen nicht mehrfach angerechnet werden dürfen, beispielsweise zum Ausgleich eines privaten Fluges und zur Erreichung des nationalen Klimaschutzziels eines Landes. Dafür sind zusätzliche Vorgaben zu beachten, die zurzeit kaum eines Kompensationsanbieters erfüllt.
Vertrauenswürdige Kompensationsprojekte erkennen
Mittlerweile gibt es sehr viele Anbieter für CO2-Kompensation und leider auch eine sehr große Spannweite bei der Qualität. Es sind relativ viele Schrott-Zertifikate auf dem Markt, die keine tatsächliche Klimawirkung belegen können und somit reines Greenwashing betreiben. Das liegt vor allem daran, dass der Markt der freiwilligen CO2-Kompensation völlig unreguliert ist.
Es gibt jedoch ein Prüfsiegel, das vom WWF und zahlreichen anderen NGOs entwickelt wurde und sehr strenge Kriterien anlegt: Der Gold-Standard vereint Emissionsreduktionen mit den UN-Nachhaltigkeitszielen, um die Wirkung eines Projektes auf das Klima und andere Aspekte der Nachhaltigkeit abzuschätzen. Hier kann von einem verlässlichen positiven Effekt ausgegangen werden.
Wenn Sie also das nächste Mal eine Flugreise unternehmen, dann wählen Sie für den CO2-Ausgleich ein Klimaschutzprojekt, das mit dem Gold-Standard ausgezeichnet wurde.
Denken Sie vor der Buchung noch einmal darüber nach, ob Sie statt mit dem Flugzeug nicht klimafreundlicher - und vielleicht sogar entspannter - an Ihr Ziel gelangen könnten.
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