Die französische Umweltministerin Huguette Bouchardeau hatte im Februar 1986 ihre Zustimmung zum Ausbauprogramm für die Loire und ihre Nebenflüsse gegeben. Der dafür gegründete Zweckverband (EPALA) beabsichtigte den mehr als 1.000 Kilometer langen Wildfluss technisch zu verbauen. Vor allem aber sollte im Sommer mehr Wasser für die Landwirtschaft und die Kühlung der vier Atomkraftwerke entlang der Loire bereitgestellt werden. Diese Eingriffe hätten vielen seltenen Tieren und Pflanzen (darunter allein 250 Vogelarten) die Lebensbasis entzogen. Auch der neue Umweltminister Brice Lalonde bot 1987 lediglich kosmetische Verbesserungen an.
Die Loire ist bis heute einer der letzten großen unverbauten Wildflüsse Europas. In den achtziger und neunziger Jahren sollte sie durch ein System aus zehn Stauwerken und Deichen brachial „gezähmt“ werden. Der WWF konnte das zusammen mit anderen Naturschutzverbänden verhindern.
Die große Loire-Kampagne
Daher unterstützte WWF International Ende 1987 das Rastatter WWF-Auen-Institut dabei, eine wissenschaftliche Bewertung der Loire und ihrer Nebenflüsse durchzuführen und startete gleichzeitig eine große Loire-Kampagne, durch die viele europäische Medien auf den geplanten massiven Eingriff in die Natur aufmerksam wurden.
Unter Leitung des WWF Frankreich gründeten zahlreiche Umweltverbände und Naturschutzgruppen das „Comité Loire vivante“ und forderten ein dreijähriges Moratorium sowie eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für alle vorgesehenen Eingriffe in das gesamte Flusssystem.
Zur Eskalation des Konfliktes kam es, als Umweltminister Lalonde am 8. Februar 1989 überraschend die Baugenehmigung für den ersten Staudamm Serre de la Fare im Zentralmassiv bei Le Puy gegeben hatte. Daraufhin wurde am 20. Februar der Bauplatz besetzt und der Baubeginn friedlich verhindert.
Der Höhepunkt des Protestes
Ende April 1989 kam es in Le Puy zum Höhepunkt des immer breiteren Protestes. Rund 10.000 Teilnehmer aus allen Regionen Frankreichs und vielen europäischen Ländern kamen zusammen, um gegen den Bau des geplanten Staudammes zu protestieren. Die Teilnehmerliste reichte vom WWF über die Lachsfischer bis zu Robin Wood. Dem öffentlichen Druck und der großen Medienresonanz auf die gemeinsame Kampagne ist es zu verdanken, dass der Ausbauplan schließlich zum Vorteil des Naturschutzes überarbeitet wurde.
Nach fünf Jahren andauernder Besetzung des Bauplatzes gab die französische Regierung 1994 den Plan zur Errichtung des Staudammes von Serre de la Fare endgültig auf. Dazu beigetragen hatte auch der WWF Deutschland, der damals 100.000 DM für den Ankauf von Sperrgrundstücken an allen geplanten Baustandorten zur Verfügung gestellt hatte.
Verdienstorden für WWF-Mitarbeiterin
Im selben Jahr rief der damalige französische Umweltminister Michel Barnier den Plan „Loire Grandeur Nature“ ins Leben. Dieses staatliche Projekt sah neben dem weitgehenden Stopp von Staudämmen unter anderem den erstmaligen Abriss zweier alter Staudämme sowie den Beginn eines naturnahen Hochwasserschutzes vor. Schließlich verzichtete die französische Regierung 1999 auf den Bau des bis zuletzt geplanten Staudamms Chambonchard am Cher, einem Nebenfluss der Loire.
Dass die Loire heute noch weitgehend frei fließen kann, ist ein bedeutender Erfolg – auch dank 13 Jahren wissenschaftlich fundierter Überzeugungsarbeit des WWF Deutschland. Dr. Edith Wenger, langjährige Mitarbeiterin des WWF Deutschland, erhielt für ihr Engagement bei der Rettung der Loire im Jahr 2001 den Nationalen Verdienstorden Frankreichs aus den Händen der damaligen Umweltministerin Dominique Voynet.
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