Endlich gibt es auch den Artenschutz in der Hohen See. Nach jahrelangen, zähen Verhandlungen steht am 05. März 2023 ein Text zu einem völkerrechtsverbindlichen Vertrag im Rahmen der Vereinten Nationen zum „Schutz und der nachhaltigen Nutzung der Biodiversität in Gebieten jenseits von nationaler Gerichtsbarkeit“, der Hohen See.
Ein historischer Moment. Denn dies ist der entscheidende Faktor auf dem Weg hin zu den Zielen der Biodiversitätskonferenz in Montreal. Dort wurde beschlossen, dass 30 Prozent der Meere weltweit bis zum Jahr 2030 unter Schutz gestellt werden. Durch das neue Abkommen aus New York gibt es nun Regelungen dazu, wie und wo diese Meeresgebiete überhaupt ausgewiesen werden können.
Der Text zum Abkommen
Noch befinden wir uns in der Vorstufe zum Abkommen, denn bevor die Welt ins Handeln kommt, muss der Vertrag von 60 Ländern ratifiziert werden. Dann aber können die Vertragsstaaten der Vereinten Nationen auf die Prozesse zurückgreifen, die der neue Vertrag beschreibt: wie wird die Hohe See verwaltet, unter welchen Bedingungen wird sie weiterhin genutzt und wie kann sie geschützt werden?
Der Zugang zu den Ressourcen und ihr möglicherweise profitabler Nutzen spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Dazu gehören beispielsweise biotechnologische Anwendungen, die auf den besonderen Eigenschaften von Tiefseelebewesen aufbauen. Ein anderes Beispiel sind Enzyme von Meeresbewohnern zur Wertschöpfung in der Krebs- oder Antibiotikumsmedizin, ein immens profitabler Markt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Abkommens betrifft die globale Gerechtigkeit bei der Verteilung der Gewinne, die solche Forschungsvorhaben erzielen. Dieser so genannte Vorteilsausgleich trägt dem Umstand Rechnung, dass die Forschungs- und Nutzungsvorhaben oftmals in geografischer Nähe zu Süd- und Inselstaaten stattfinden, aber in aller Regel von den Industriestaaten durchgeführt werden.
Für Aktivitäten von Flaggenstaaten oder Unternehmen wird es künftig Umweltverträglichkeitsprüfungen geben, wenn Auswirkungen auf das Leben in der Hohen See wahrscheinlich sind. Den Staaten des Globalen Südens wird zudem mithilfe eines Fonds die Umsetzung des Vertrages ermöglicht.
Mehr Schutz für Biodiversität
Ein erster Schritt zum Schutz der Biodiversität im Meer ist getan. Der Plan steht. Jetzt kommt der formelle Teil.
Das Abkommen muss noch von Jurist:innen geprüft werden und wird nachfolgend in die sechs Amtssprachen der Vereinten Nationen übersetzt. Danach folgt die formale Beschließung und es wird abschließend ratifiziert.
Was ist die Hohe See?
Etwa zwei Drittel der Ozeane befinden sich außerhalb der 200-Seemeilen-Grenze (ca. 370 Kilometer) und damit außerhalb der "Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ)". Innerhalb der AWZ können die Küstenstaaten in begrenztem Umfang souveräne Rechte und Hoheitsbefugnisse wahrnehmen. Die Hohe See beginnt wiederum jenseits der seewärtigen Grenze der AWZ.
Die Ressourcen der Hohen See gehören allen und niemandem. Die Ressourcen deser Meeresbodens gelten nach Seerechtsübereinkommen bereits als „gemeinsames Erbe der Menschheit“.
Es gibt über 20 internationale Organisationen, die jeweils für die Regelung bestimmter Sektoren und/oder bestimmter Meeresregionen in der Hohen See zuständig sind – unter anderem die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (International Maritime Organization/IMO), die Internationale Meeresbodenbehörde (International Seabed Authority/ISA) oder eine Reihe von regionalen Fischereimanagement-Organisationen (Regional Fisheries Management Organisations/RFMOs). Bis heute fehlt es jedoch an einer übergeordneten Koordination dieser Institutionen und an einer Abstimmung der jeweiligen sektoralen Regelwerke.
"Charlie-Gibbs Fracture Zone" – ein Hohe-See-Schutzgebiet
Trotz des Fehlens entsprechender Instrumente zum Schutz der Hohen See, konnte der WWF mit der weltweit ersten Nominierung eines Hohe-See-Schutzgebietes auf dem Mittelatlantischen Rücken, der so genannten „Charlie-Gibbs Fracture Zone“, ein enormes Vorhaben in Gang setzen. Dieses Gebiet ist reich an Seebergen und bis zu 4.000 Meter tiefen Canyons. Dort finden sich Kaltwasserkorallenriffe, Kolonien von Schwämmen und Tiefsee-Lebensgemeinschaften mit vielen bedrohten Arten. Kalte Strömungen aus dem Norden vermischen sich mit warmen aus dem Süden. Daher sind die Gewässer besonders planktonreich. Wale und Seevögel finden hier auf ihren langen Wanderungen reichlich Nahrung.
Nach fünf Jahren Vorbereitung stellten die 15 Staaten des OSPAR-Abkommens (zum Schutz des Nordatlantiks) im September 2010 sechs Hohe-See-Gebiete im Nordostatlantik unter Schutz – darunter das Charlie-Gibbs-Meeresschutzgebiet am Mittelatlantischen Rücken. Im Sommer 2012 wurde dessen Fläche auf WWF-Betreiben verdoppelt. Damit standen 465.000 Quadratkilometer der Hohen See erstmals unter Schutz.
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