Die Covid-19-Pandemie hat unmittelbare Auswirkungen auf das Gesundheitswesen, die Sozialsysteme und die Wirtschaft: Dort ist in der aktuellen Phase schnelles und entschlossenes Handeln erforderlich, um die direkten Folgen zu begrenzen. Neben den Soforthilfen werden bereits jetzt von der EU-Kommission und auch der Bundesregierung Konjunkturpakete entwickelt, mit denen nach Überstehen der schlimmsten Phase die Wirtschaft wieder angekurbelt werden soll, um einen langfristigen Abschwung zu vermeiden.

Dabei werden grundsätzliche Entscheidungen darüber getroffen, wohin die damit verbundenen, umfangreichen Geldflüsse für Investitionen gelenkt bzw. in welcher Form und über welche Mechanismen sie umgesetzt werden sollen, um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen. 

Die unmittelbare Priorität besteht jetzt darin, Leben zu retten und die Schwächsten zu schützen. Die Klimakrise und der Verlust der biologischen Vielfalt und von intakten Naturräumen sind und bleiben aber weiterhin sehr reale Bedrohungen - auch für unsere Wirtschaft und Gesellschaft

Es ist wichtig, dass die kommenden Konjunkturprogramme auf unsere Zukunftsfähigkeit einzahlen. Deutschland muss hier mit gutem Beispiel vorangehen und in Bildung und Forschung investieren, in moderne nachhaltige Technologien und Infrastrukturen, erneuerbare Energien, umweltfreundliche Verkehrssysteme, und so insgesamt einen Übergang zu einem neuen, gerechten und nachhaltigeren Wirtschaften fördern.  

Wir alle lernen aus der Corona-Krise, wie wichtig Vorbeugung und frühzeitiges, entschlossenes Handeln sein können. Der WWF fordert die Europäische Kommission und die Regierungen ihrer Mitgliedstaaten auf, jetzt Führungsstärke und Weitsicht zu zeigen, indem sie die Pfade hin zu einem resilienten, nachhaltigen und gerechten Wirtschaften stärkt und verfolgt. Der European Green Deal, das Pariser Klimaabkommen, die UN-Biodiversitätsziele und die Ziele für nachhaltige Entwicklung der globalen Agenda 2030 (SDGs) bieten den hierfür erforderlichen Rahmen.

Wirtschaftliche Entwicklung und Klima- und Umweltschutz können und müssen Hand in Hand gehen und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Investitionen müssen in die Zukunftssicherheit unserer Volkswirtschaften gelenkt und diese dadurch langfristig widerstandsfähig gemacht werden. Wir müssen schädliche Subventionen beenden, die nachhaltige Finanzpolitik beschleunigen und nachhaltige Produktions- und Lieferketten sicherstellen.  

Im Detail bedeutet dies:

  • Mindestens 50 Prozent Fördervolumen aus den Konjunkturprogrammen müssen in Investitionen fließen, die gezielt nachhaltige, soziale und umweltpolitisch sinnvolle Lösungen fördern.
  • Keine Unterstützung für umweltschädliche Projekte: In Übereinstimmung mit der Grundsatzverpflichtung aus dem European Green Deal, jeglichen Schaden zu vermeiden („oath to do no harm“), dürfen die Rettungspläne keine  umweltschädlichen Aktivitäten fördern, mit denen gegenwärtige oder künftige Krisen verstärkt oder Infrastrukturen geschaffen werden würden, die über Jahrzehnte hinweg der Umwelt schaden oder das Weltklima irreversibel erhitzen würden.
  • Mit einer gerechten Transformation soziale Vorteile für alle schaffen: Die Menschen müssen im Mittelpunkt der Rettungspläne stehen. 
  • Beibehaltung und Stärkung bestehender Umweltstandards und -vorgaben: Der Fortschritt der vergangenen Jahrzehnte bei der Bekämpfung der Erderhitzung, der Luft- und Wasserverschmutzung, des Biodiversitätsverlusts und anderer Umweltprobleme darf nicht aufs Spiel gesetzt werden.
  • EU-Wirtschaftshilfen an Drittstaaten müssen denselben Prinzipien folgen: Um den Bedrohungen durch die Erderhitzung und die Umweltschutzzerstörung wirksam zu begegnen, muss die EU darüber hinaus die Prinzipien des European Green Deal auch in ihren internationalen Partnerschaften umsetzen. 

Die Konjunkturprogramme der EU müssen – genau wie die Deutschlands - eingebettet sein in eine Reihe von Politiken, mit denen bestehende Hürden abgebaut und mit denen - gemessen an den genannten Zielen - die größtmögliche langfristige Wirkung erreicht wird. Gleichzeitig müssen Anreize für den Privatsektor geschaffen werden, Ausgaben und Investitionen zu tätigen, die die staatlichen Anstrengungen ergänzen.

 

Wir sind überzeugt, dass mit der Umsetzung dieser Empfehlungen Deutschland und die Europäische Union besser gerüstet sein werden, um die aktuelle Klimakrise und den Biodiversitätsverlust zu bekämpfen. Denn wenn sie unkontrolliert bleiben, werden sie eine immer größere Bedrohung für unsere Gesundheit, unsere Lebensgrundlagen und unser Wohlergehen darstellen.

 

In diesen vor uns liegenden Tagen und Wochen eröffnet sich nach Auffassung des WWF die Chance, eine nachhaltige nationale und europäische Zukunft für alle zu schaffen und mit einem neuen Wirtschaften veraltete und zerstörerische Praktiken hinter uns zu lassen.